Die Kunst der mitfühlenden Berührung - Herzensprojekte (3)
11.03.2019
Bildquelle: elpom-studio.eu
Ein Gespräch mit Angelika Loebner – Massage Praktikerin:
Du bist heute 55 Jahre alt und hast dich vor 15 Jahren selbstständig gemacht mit einem Massageangebot im Großraum Nürnberg. Aber ursprünglich kommst du aus ganz anderen Berufen?
Mein Vater hat mir nach dem Abitur gesagt: „Es ist nicht so wichtig, was du machst, sondern wie du es machst.“ Das war ein ganz wichtiger Satz für mich. Ich habe mit unterschiedlichsten Ausbildungen in vielen Bereichen gearbeitet. Zum Beispiel als Erzieherin mit Jugendlichen in sozialen Brennpunkten, in einer Wohngemeinschaft für psychisch Kranke oder in der Kinderpsychiatrie in der anthroposophischen Klinik in Herdecke.
Ich besuchte eine wunderbare Massageschule, die westliche und fernöstliche, moderne und alte Massagerichtungen miteinander verbunden hat. Mit dieser Ausbildung hat es sofort bei mir gefunkt. In meiner bisherigen Arbeit war Berührung immer eine ganz heikle Sache. Und hier war Berührung auf einmal DAS worum es ging. Ich habe es selbst so sehr genossen und wusste dann ganz schnell, dass es meins ist.
Damals gab es die Möglichkeit, eine Ich-AG zu gründen und etwas Starthilfe zu bekommen. Ich habe einen Raum in einer Praxisgemeinschaft gemietet. Abgesehen davon musste ich ja nicht viel investieren – für den Anfang brauchte ich nur eine Massageliege und etwas Öl. Ich war so wahnsinnig glücklich, dass ich jetzt mein Ding machen kann. Und so habe ich es überall herumerzählt. Ich hatte aber auch gute Fürsprecher. Es gab Leute, die bei mir zur Massage waren, die es ganz vielen Leuten erzählt haben. Das hat mir eine Menge neue Kunden gebracht.
Nach einer Weile bekam ich dann zusätzlich die Möglichkeit, freiberuflich für einen Patientenverein in der Kinderonkologie einer Klinik zu arbeiten. Mit einem Massageangebot nicht nur für die Patienten, sondern auch für die Angehörigen, die ja auch Erholung und Stärkung brauchen.
Ich hatte das Glück, recht schnell - wenn auch bescheiden - davon leben zu können.
Eine Krise kam dann, als ich meine körperlichen Grenzen nicht erkannt habe und mir eine heftige Entzündung in der Schulter zugezogen habe, die lange nicht richtig heilen wollte. Und nun war ich natürlich in größter Not, denn so war ich ja massagetechnisch arbeitsunfähig. Ich bin dann vorübergehend zurück in den sozialpädagogischen Beruf und habe sogar eine weitere Ausbildung gemacht als Inklusionsfachkraft.
Es fällt bei dir schon auf, dass du sehr schnell nach neuen Möglichkeiten oder Lösungen schaust, wenn etwas nicht weitergeht.
Ja, schon. Ich wusste aber, ich will zurück in meine Massagepraxis, aber ich muss etwas anders machen und nicht immer körperlich so hart arbeiten. Ich habe eine Ausbildung zur Klangtherapeutin auf den Grundlagen der TCM gemacht und später bei dir dann auch die Ausbildung in „Heilsame Berührung – Therapeutic Touch“.
Wie haben denn die Leute zu dir gefunden?
Ich hab mir eine Postkarte drucken lassen und habe diese ausgelegt in Praxen und Cafés. Damals war das nicht so furchtbar üblich - heute wird man ja regelrecht erschlagen von der Flyerflut.
Ich habe mein Angebot bewusst „Wellness“ genannt. Das Bedürfnis nach Berührung drückt ja kein Defizit aus, sondern die Sehnsucht danach ist etwas ganz legitimes. Die Mund-zu-Mund-Propaganda hat sehr gut geklappt und ich habe außer meiner Karte nichts an Werbung unternommen.
Hattest du auch schwierige Phasen?
Ja, in der Zeit mit der kranken Schulter – das war schon eine richtige Krise.
Und dann gab es s aber auch eine Phase, in der ich dachte, jetzt wird meine geliebte Arbeit langsam ein wenig langweilig. Und da war mir klar, dass ich neues „Futter“ suchen muss, dass ich etwas Neues lernen muss. Natürlich auch, damit ich es mir leichter machen kann mit der körperlichen Belastung, aber auch damit ich etwas Neues mit hinzunehmen kann. Und das waren dann die Klangschalen und Therapeutic Touch. Auch wenn man die schönste Sache der Welt macht, braucht man gelegentlich neue Richtungen in der Arbeit. Sonst wird es irgendwann Routine.
Rückblickend muss ich sagen, dass alles ganz leicht ging. Ich habe sogar manchmal gezweifelt, ob das, was ich mache, auch wirklich etwas wert ist, weil es so wenig anstrengend war. Es hat sich immer so viel von allein ergeben - so zufällig.
Warum glaubst du, ist es so? Bist du wach genug, um die Zeichen zu erkennen und diesen dann auch zu folgen?
Ich weiß gar nicht, woran es wirklich liegt. Ich hatte einfach ein wahnsinniges Glück, das zu finden, was mir so gefällt.
Vielleicht strahlst du genau auch das aus - dass es so voll und ganz deins ist?
Manche Kunden sagen, sie haben das Gefühl, eine Insel der Glückseligkeit zu betreten, wenn sie in meine Praxis kommen. Ich glaube, das ist das allerwichtigste, dass die Leute spüren, wie gerne ich diese Arbeit mache.
Was würdest du anderen raten, die jetzt ihren ganz eigenen Weg beginnen?
Tue es nur, wenn es wirklich dein Ding ist. Wenn man etwas nur tut, um Geld zu verdienen, dann sollte man es lieber lassen. Das Herz muss dabei sein.
Was ist das „Herzstück“ deiner Arbeit?
Dass ich meine innere Haltung leben kann, dass ich mir selber treu sein darf. Die Kunst der mitfühlenden Berührung - das ist schon das Herzstück.
Es geht dabei um eine körperliche Berührung, aber auch das, was einen auf anderen Ebenen berührt. Die Leute spüren das auch, dass sie auch auf anderen Ebenen berührt werden, auch wenn es eigentlich um die körperliche Berührung geht.
Ich bin auch selbst berührt von dem Vertrauen, das die Leute zu mir haben. Das ist wirklich ein Geschenk. Auch dass sie sich trauen, sich so offen zu zeigen. Denn die Seele wird auch sichtbar. Da bin ich manchmal zu Tränen gerührt. Zum Beispiel wenn alte Menschen kommen und ich sehe, wie ein ganzes Leben an diesem Körper Spuren hinterlassen hat.
Was mich an Therapeutic Touch so glücklich macht, ist die Absichtslosigkeit in den Behandlungen. Gerade in der Arbeit mit den Krebskranken erwische ich mich immer wieder dabei, dass ich zu viel erreichen will, aber mit Therapeutic Touch werde ich ganz ruhig. Seitdem ich das anwende, ist meine Arbeit in der Klinik ganz anders geworden. Es genügt, dass ich das bin, was ich jetzt bin und das tue, was ich jetzt gerade tun kann.
https://www.loebner-bodywork.de
Das Gespräch mit Angelika Loebner fand statt bei der Recherche für mein aktuelles Buch „Projekt Sehnsucht. Ein Mutmachbuch für alle, die von der Selbstständigkeit träumen“.
Kategorien: Gesundheit | Schlagworte: Heilsame Berührung, Therapeutic Touch