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Einfach erfolgreich! Manchmal geht es leicht… - Herzensprojekte (15)

17.02.2020

Katrin Scherer hat seit einem Jahr eine Körperschule in Saarbrücken, in der sie überwiegend Cantienica-Training anbietet – eine Methode für die Aktivierung der tiefen Muskulatur, die uns hält und trägt und die die Gelenke entlastet. Zusätzlich bietet sie Einzelstunden mit Massagen und Entspannungstechniken an.  Sie ist Physiotherapeutin und hat eine 14-jährige Tochter. Seit einigen Jahren ist sie auch meine Trainerin, so dass dieses Gespräch auch aus der Sicht einer Teilnehmerin stattfand.

Katrin, wie bist du zu dieser Arbeit und zu deiner Körperschule gekommen?

Begonnen hat es nach der Elternzeit. Ich konnte mir nicht vorstellen, mit einem kleinen Kind in einen Alltag als vollberufliche Physiotherapeutin zurück zu gehen. Ich habe dann privat für mich die Cantienica-Methode entdeckt, und als Teilnehmerin war ich einfach begeistert, wie gut ich mich nach den Stunden gefühlt habe. Ich hatte ein super Körpergefühl und gute Laune.

Nach einiger Zeit fragte meine Trainerin, ob ich nicht Lust hätte, auch die Cantienica-Ausbildung zu machen und einige Kurse bei ihr zu übernehmen. Das hat mich vom Thema her sofort interessiert, aber auch die Vorstellung, dass ich mit den Kursen weniger Stunden arbeiten müsste, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Bis dahin hatte ich keine Unterrichtserfahrung, aber nach der Ausbildung habe ich gleich gemerkt, wie viel Spaß es mir macht, solche Kurse zu geben.

Eine Zeit lang habe ich parallel fast gleichviel als Physiotherapeutin und als Trainerin gearbeitet. Es wurden mit der Zeit aber immer mehr Kurse und irgendwann habe ich die tägliche Leitung des Studios übernommen.

Das war natürlich eine ganz bequeme Situation für den Anfang. Ich hatte ein festes Gehalt und musste mich nicht um die Werbung kümmern. Wir hatten jedoch vereinbart, dass ich nach einer gewissen Zeit das Studio komplett übernehme. Als es dann soweit war, wurden wir uns aber nicht wirklich einig, unter welchen Bedingungen diese Übernahme erfolgen könnte. Nach einigen unschönen Auseinandersetzungen wurde mir bewusst, dass ich zu den alten Bedingungen nicht weitermachen wollte und es jetzt konsequenter wäre, das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Dabei war mir fast sofort klar, dass ich mich jetzt selbstständig mache mit all dem, was ich in den letzten Jahren gelernt und gelebt habe. Das war aber vollkommenes Neuland für mich. Und dennoch habe ich interessanterweise überhaupt nicht daran gezweifelt.

Ich habe intensiv nach einem passenden Raum gesucht und bin erst etwas verzweifelt, weil dieser Raum nicht zu finden war. Ein Freund von mir hat irgendwann dann den erlösenden Satz gesagt: „Der Raum ist doch schon da, der muss ja nicht erst gebaut werden. Also musst du nur dafür sorgen, dass ihr euch findet.“ Mit diesem Satz konnte ich innerlich etwas loslassen und die Suche lockerer betreiben. Wir wissen ja alle, dass wenige Dinge im Leben gelingen, wenn wir ganz verbissen drangehen.

Durch einige glückliche Zufälle bekam ich relativ kurze Zeit später meinen aktuellen Raum zu machbaren Konditionen angeboten. Alles wurde gerade renoviert und ich konnte sogar noch mitentscheiden, wie es aussehen sollte.

Als ich mich in dem alten Studio von den Teilnehmern verabschiedet habe, die teilweise seit Jahren bei mir trainiert hatten, haben viele signalisiert, dass sie gern erfahren würden, wie es mit mir weiterginge und ob ich irgendwann etwas Eigenes anbiete. Und diese Teilnehmer habe ich jetzt natürlich darüber informiert, dass ich ein eigenes Studio habe und demnächst neue Kurse laufen würden. Innerhalb von 48 Stunden hatte ich sehr viele Anmeldungen in meinem Mailpostfach. Ich habe mich so irre gefreut!

Von Anfang an war damit klar, dass ich wirtschaftlich schon im grünen Bereich stehe, und das ist schon ein großer Glücksfall. Dennoch musste ich mich natürlich umstellen und ganz anders unternehmerisch denken, denn ich war ja keine Angestellte mehr. Es gab Ausgaben, von denen ich als Angestellte nichts gewusst habe. Ich musste mich mit Steuern und Versicherungen auseinandersetzen, musste lernen, Rücklagen zu bilden für die Monate, die nicht so gut laufen - wie zum Beispiel im Sommer - oder für einen möglichen Krankheitsfall.  Ich bin sehr sicherheitsbedürftig und muss immer das Gefühl haben, dass ich auch gut durch ungeplante Widrigkeiten kommen kann.

Es war durchaus eine gute Entwicklung, dass ich mehr oder weniger dazu gezwungen gewesen war, Lehrgänge und Veranstaltungen, zum Beispiel bei der IHK, zu besuchen. Da habe ich viel gelernt. Und ich musste mich ja wirklich selbst um alles kümmern. Niemand anders hat es für mich getan.  Und so bin ich langsam durch viele kleinen Schritte in diese neue Rolle als Selbstständige reingewachsen.

In meinem eigenen Studio kann ich eine Mischung aus all dem anbieten, was ich kann. Das physiotherapeutische Wissen, Qi-Gong, Yoga, Wirbelsäulen- und Haltungstraining, Meditationen und Entspannungsübungen. Ich habe ganz viele Ideen für die Zukunft und diese Freiheit macht mich richtig glücklich.

Es ist so viel mehr geworden als nur ein Ort, an dem ich Kurse gebe. Hier kann etwas wachsen. Und als meine eigene Chefin bin ich viel freier in dem, was ich gestalte. Diese Freiheit spüren die Leute auch.

Am Rande gab es eine ganz lustige Erkenntnis. In der zwölften Klasse waren wir im Berufsberatungszentrum und haben in einem Computer über hundert Fragen nach eigenen Interessen und Fähigkeiten beantworten müssen. Anschließend wurden verschiedene Berufsmöglichkeiten für die einzelnen ausgespuckt. Und bei mir kam Lehrerin in den unterschiedlichsten Varianten. Als Tochter von zwei Lehrern wollte ich das auf gar keinen Fall werden. Aber jetzt habe ich eine Körperschule und lehre dann doch…

Du hast den Einstieg also ohne große Hürden geschafft?

Bis jetzt ist alles nur gut gelaufen. Ich traue mich kaum, es zu sagen. Ich weiß, dass ich gute Startbedingungen hatte. Aber ich glaube auch grundsätzlich fest daran, wenn du etwas mit viel Engagement und Liebe machst, kann es eigentlich nur gelingen.

Wenn du mit Menschen arbeitest, dann sorge dafür, dass sie zufrieden sind mit dem, was sie bei dir bekommen. Zufriedene Kunden erzählen es weiter und bringen dir wieder neue Kunden. Das ist die allerbeste Werbung. Ich arbeite hier schon längst nicht mehr nur mit der Stammkundschaft von früher, es sind ganz viele neue Leute hinzugekommen. Und dabei habe ich überhaupt keine Werbung gemacht. Ich besitze schon gar keine Flyer oder Visitenkarten. Zufriedene Kunden sind meine Werbung.

Das Einzige, was ich gemacht habe, war die Website so zu gestalten, dass sie mich wirklich widerspiegelt. Das heißt auch, dass sie nicht perfekt sein muss, denn ich bin auch nicht perfekt. Wichtiger ist es für mich, dass alles ehrlich und authentisch ist.

Manche haben mich gewarnt. Wenn ich mich selbstständig mache, dann würde alles immer nur „selbst“ und „ständig“ laufen. Aber eine Person hat es anders formuliert: Dann kannst du „ständig du selbst sein“. Und das ist ein wenig mein Mantra geworden. Ich bin hier wirklich ich.

Im Moment sind meine Kurse alle ausgebucht, ich habe sogar eine Warteliste von mehr als 30 Leuten, die auf einen Platz warten. Zuerst hat diese große Nachfrage mir Stress gemacht, denn ich dachte, ich müsste diese Bedürfnisse alle sofort erfüllen und viel mehr Kurse anbieten. Aber ich wusste auch, wenn ich zu viele Kurse mache, dann verliere ich irgendwann die Freude daran. Und ich musste mir klarmachen, dass ich es selbst in der Hand habe, was ich anbieten kann und was nicht.

Bis Ende des letzten Jahres habe ich noch einige Stunden in der Woche als Physiotherapeutin gearbeitet – auch aus alter Verbundenheit mit meinem Kollegenteam, aber seit diesem Jahr bin ich komplett in der Körperschule. Dadurch bin ich zeitlich etwas flexibler und kann zum Beispiel auch mal Workshops mit Spezialthemen anbieten.

Was glaubst du, zieht die Menschen hier an? Was finden sie bei dir, was sie vielleicht woanders nicht finden?

Die Leute bekommen bei mir auf jeden Fall Aufmerksamkeit. Ich sehe jeden Einzelnen, mit allem, was sie sind und was sie mit in diese Stunde bringen. Ich erfülle natürlich auch Bedürfnisse. Manchmal braucht es eine besondere Hilfe oder eine Anregung. Und die Leute bekommen eine klare Anleitung zur Selbsthilfe für ihren Körper. Wie man die Knochen sozusagen nach Bauplan ausrichtet und damit die körperlichen Belastungen im Alltag besser bewältigt.

Das ist die praktische Seite, die ich voll bestätigen kann. Aber es gehört für mich als Teilnehmerin mehr dazu. Du hast eine sehr angenehme Art. Du bist locker und lachst viel. Es ist alles nicht so furchtbar ernst. Bei den schwierigsten Übungen heute hast du ständig von Lebkuchen geredet, und dadurch haben wir es geschafft, nicht in die Schwere zu rutschen, weil wir immer wieder über deine Sehnsucht nach den wartenden Lebkuchen lachen mussten.

Und als Teilnehmerin habe ich auch das Gefühl, dass es in Ordnung ist, dass ich so komme, wie ich heute bin. Und das hat man recht selten.

Ehrlich?

Ja, das hat man auch nicht unbedingt immer bei ähnlichen Körperangeboten wie Yoga oder Qi-Gong. Es ist ein großer Unterschied, ob Leistungsdruck reinkommt, ob man vermittelt bekommt, etwas nicht ganz richtig zu machen. Du sagst häufig, wenn wir irgendwas nicht schaffen, sollen wir es anders machen. Dann wird der Bewegungsablauf eben ein wenig abgeändert. Und das ist dann immer noch in Ordnung. Wir üben immer bis an unsere Grenzen, aber es ist in Ordnung, wenn die persönliche Grenze jetzt an dieser Stelle ist.

Das ist mir nie bewusst gewesen, aber ich glaube, du hast vollkommen recht. Es ist nur für mich eine vollkommene Selbstverständlichkeit. Ich will doch niemanden überfordern. Menschen sind so unterschiedlich. Mit ihren Körpern und mit Charakterstrukturen.

Du gibst natürlich Anleitungen, das ist ja auch deine Arbeit. Aber du stellst dich nicht so dar, dass du hier die Bessere wärest; du berichtest auch ganz viel von deinen eigenen Grenzen. Und das bringt ganz viel Entspannung bei den Teilnehmern.

Hast du noch wichtige Hinweise für andere, die ihre Herzensprojekte angehen wollen?

Ich habe mir schon an entscheidenden Stellen Beratung geholt. Und an den richtigen Stellen habe ich mir auch mal bewusst keine Beratung geholt.  Nämlich da, wo ich erwartet habe, dass eher Kritik oder Bedenken kommen. Solange ich Neues mit mir trage, das aber noch ein zartes Pflänzchen ist, darf ich das bestimmten Menschen in meinem Umfeld nicht erzählen, denn sie würden es sofort zertrampeln.

Man sollte sich den Berater aber gut aussuchen. Wer berät wirklich? Eine persönliche Begleitung - zum Beispiel in Form von Coaching - ist auf jeden Fall gut, damit man schneller erkennt, an welchen Schrauben gerade zu drehen ist. Wo man vielleicht hängt und was man jetzt tun kann.

Und mein großes Glück war, dass ich meine Schritte in einem vollkommenen Vertrauen gehen konnte. Dieses Gefühl war einfach da. Ich könnte überhaupt nicht sagen, wie ich das Gefühl genau aktiviert habe, aber es hat mir sehr geholfen. Dennoch geht es natürlich nicht nur um Vertrauen, sondern auch um eine ganz große Bereitschaft, etwas zu tun. Manches muss man tun, und anderes muss man eher lassen. Und irgendwie habe ich diese Mischung gut hingekriegt. Natürlich ist auch ganz viel Glück dabei.

Ich habe mich die ganze Zeit aber auch geweigert, in Richtung Krisen zu schauen. Was nicht bedeutet, dass ich mich nicht auch darauf vorbereite, denn ich sorge schon vor. Aber mein Fokus ist nicht bei möglichen Krisen. Ich gehe prinzipiell vom Guten aus. Ich kann meinen Alltag als Problem und voller Hindernisse sehen oder ich kann mich auf das Positive konzentrieren. Die Frage ist immer wieder, wie man etwas sieht, und ich sehe es in hohem Maße positiv. Und auch wenn manche Dinge nicht so gut laufen, denke ich, irgendetwas wird daran auch gut sein. Das ist meine Lebenseinstellung. Aber ich habe sie mir im Laufe der Jahre erarbeitet, sie war nicht immer so. Ich suche eigentlich immer nur Schönes.

Mehr Info über Katrin Scherer und ihre Körperschule: https://www.koerperschule.com/

 

 

Wer schreibt hier?

Ich bin Vera Bartholomay - Autorin, Seminarleiterin und Therapeutin mit Themen wie „Ganzheitliche Körperarbeit“ und „Begleitung von Menschen in ein erfülltes privates und berufliches Leben“. Ich unterrichte an vielen Standorten in Deutschland, Norwegen, Italien und der Schweiz. Meine Bücher sind: „Projekt Sehnsucht. Ein Mutmachbuch für alle, die von der Selbstständigkeit träumen“ und „Heilsame Berührung – Therapeutic Touch“.

www.vera-bartholomay.com

 

Kategorien: Herzensprojekte | Schlagworte: Authentizität, Entspannung, Herzensprojekt, Menschen

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Kommentare

Dominik Porsche sagt:

02.07.2020 um 22:29 Uhr

Hey Vera, super schön geschrieben! Physische Körperarbeit ist heute einfach wichtiger den je bei der extremen Stressbelastung. Dann klappt es auch bei den Menschen mit Ihrem Herzensprojekt viel leichter.

Was echt immer wieder toll ist, wie magisch so ein Prozess zum Herzensprojekt wie bei dir hier beschrieben vorangeht. Es braucht keinen Druck und passiert einfach so. Alle Bausteine oder Puzzleteile setzen sich einfach zusammen.

Alles Liebe - Dominik

Antworten

Vera Bartholomay sagt:

03.07.2020 um 08:32 Uhr

Lieber Dominik, ich freue mich, dass wir offenbar hier ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Viel Freude mit deinem Herzensprojekt! Herzlichst, Vera

Andrea Kapraun sagt:

28.04.2020 um 11:17 Uhr

Obwohl ich mich als Anfängerin der richtigen Ausführung der Übungen erst langsam annähere, gehe ich gerne in Katrins Stunden, weil sie so viel Humor hat. Es ist nicht ernste Knochenarbeit, sondern lustig-leichte. Ich war mal in einer Stunde mit zwei älteren Damen vor mir. Lady 1: "Also das kann ich mit meinen neuen Knien nicht machen!" Lady 2: "Ich mit meinen alten auch nicht." Der absolute Knaller, weil ich auch alte Knie habe, die nicht mehr ganz intakt sind.
Cantienica geht immer, egal ob du abends gestresst bist, genervt oder einfach nur noch müde. Man tut, was man kann und geht aufgerichtet, schmerzfrei und heiter nach Hause. Ich gewinne neue Energie und die Zuversicht, dass die alten Knochen doch noch ganz gut sind. :-)

Antworten

Vera Bartholomay sagt:

28.04.2020 um 11:27 Uhr

Ach wie schön! Das Lachen und alles nicht so bier-ernst nehmen macht alles so viel leichter. Herzlichst, Vera

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